
Heuschrecken, Käfer und Wespen
von Dr. Heinz Schröder
Herausgegeben
von der Delphin - Naturbücherei
Anmerkung:
In diesem, vor über
40
Jahren erschienenen Buch, wird u.a. mit sehr schönen Abbildungen die Gruppe der
Hautflügler beschrieben.
Neben den Staaten
bildenden-
wird auch eine Reihe von solitär lebenden Wespenarten aufgeführt.
Aus dem Kapitel
Hautflügler (Hymenoptera) habe ich für Sie Text und Abbildungen der im
Buch beschriebenen Ameisen- und Wespenarten übernommen.
Grammatik,
Schriftweise und Bilder wurden direkt aus dem Buch übernommen.
Viel Spaß beim Lesen
!
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Hautflügler
(Hymenoptera)
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Die Hautflügler, zu denen so bekannte Insekten wie die Bienen, Wespen,
Hummeln und Ameisen gehören, stellen für den Menschen wohl die nützlichste
Insektengruppe dar. In erster Linie trifft dies für die Honigbiene zu. Ihr
größter Nutzen liegt jedoch nicht, wie zu vermuten wäre, in der Produktion von
Honig. Weitaus wichtiger und für sehr viele Pflanzen von größter Bedeutung ist
die Übertragung von Pollen durch die Honigbiene. Ohne die Tätigkeit dieses
Insekts wäre unter anderem auch bei den Obstbäumen ein Fruchtansatz unmöglich.
Neben der Honigbiene ist noch eine ganze Reihe von Hautflüglern, wenn auch nur
indirekt, von besonderem Nutzen für den Menschen. Die Larven der Schlupfwespen,
der kleinen Brack- und Erzwespen sowie der teilweise wunderschön gefärbten
Goldwespen leben nämlich als Parasiten an und in den Larven sowie auch in den
Eiern anderer Insekten. Und gerade unter diesen Insekten finden sich viele der
gefährlichsten Schädlinge unserer Nutz- und Kulturpflanzen. Sie werden auf diese
Weise von den parasitisch lebenden Wespen in großer Zahl vernichtet. Die Zahl der bis heute bekannt gewordenen Hautflügler liegt etwa bei 100.000.
Doch dürfte sich die Gesamtzahl der Arten noch beträchtlich erhöhen, wenn erst
in den tropischen Gebieten noch intensiver nach den parasitisch lebenden
Kleinwespen geforscht wird. Verbreitet sind die Vertreter dieser Ordnung in fast
allen Lebensräumen, vom feuchten tropischen Regenwald bis in die trockensten
Wüstengebiete. Selbst hier sind noch zahlreiche Ameisen anzutreffen.
Entsprechend vielgestaltig sind auch die Lebensgewohnheiten der Hautflügler. Wie die Termiten, als die
stammesgeschichtlich ältesten Insekten mit einem ausgeprägten Sozialgefüge,
haben auch Bienen, Faltenwespen und Ameisen umfangreiche Staaten mit einem hohen
Grad sozialer Ordnung ausgebildet. Mehr als 90 Prozent der Hautflügler-Arten
allerdings leben einzeln (solitär), das heißt ohne jede soziale Gemeinschaft,
von der die vorher genannten drei Gruppen ja völlig abhängig sind. Dennoch
treiben auch die Weibchen der sogenannten solitären Arten eine ausgeprägte
Brutfürsorge. So beispielsweise die Grab- und Wegwespen, die ihre Beutetiere
durch einen Stich lahmen, in ihre Nester eintragen und an diesen ihre Eier ablegen.
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Die Mehrzahl der Hautflügler trägt zwei membranartig durchsichtige
Flügelpaare (Name!). Die Hinterflügel sind dabei kleiner als die Vorderflügel.
An ihrem Vorderrand haben sie eine Reihe kleiner Häkchen ausgebildet, die sich
in dem umgeschlagenen Hinterrand der Vorderflügel einhängen. Während des Fluges
werden die angekoppelten Hinterflügel von den Vorderflügeln mitgezogen. Die so
erreichte „funktionelle Zweiflügeligkeit" wirkt sich auf die Flugtüchtigkeit
sehr günstig aus. Viele bodenbewohnende Arten, wie die Ameisen etwa, besitzen
keine Flügel, wenn man von den zeitweise erscheinenden geflügelten
Geschlechtstieren absieht. Bei den vorwiegend tropenbewohnenden Ameisenwespen
(Mutillidae) sind die Weibchen immer ungeflügelt, während die Männchen stets
Flügel tragen. Im übrigen können die Weibchen der Ameisenwespen außerordentlich
schmerzhaft stechen. Ihr Stachel, der aus einer Umbildung der Legeröhre
entstanden ist und deshalb bei allen stacheltragenden Hautflüglern nur bei den
Weibchen vorkommt, ist annähernd so lang wie der Körper. Die Mutilliden legen
ihre Eier in die Nester von Bienen, Hummeln und Wespen ab. Die ausgeschlüpften
Larven der Ameisenwespen fressen sodann die dort vorgefundenen Wirtslarven auf. Innerhalb der Gruppe der Hautflügler lassen sich nach dem Körperbau mühelos
zwei Gruppen unterscheiden. Bei der einen Gruppe, den Pflanzenwespen (Symphyta),
ist der Hinterleib breit und ohne Einschnürung mit dem Brustabschnitt
verbunden. Die Vertreter der zweiten Unterordnung zeigen hingegen eine starke
Einschnürung zwischen der Brust und dem von ihr deutlich abgesetzten Hinterleib.
Dabei wird die so bekannte Wespentaille gebildet. Sie werden mit einem
wissenschaftlichen Namen treffend als Apocrita bezeichnet, was im
Deutschen so viel wie „zerschnitten" bedeutet. Allerdings liegt dieser
Einschnitt nicht, wie zu vermuten wäre, direkt zwischen Brust und Hinterleib.
Das erste Segment des Hinterleibes ist vielmehr so eng mit dem Brustabschnitt
verschmolzen, daß seine wirkliche Zugehörigkeit kaum noch zu erkennen ist. Die
Wespentaille liegt demzufolge zwischen dem ersten und zweiten
Hinterleibssegment, wobei das letztere vielfach zu einem Stielchen verschmälert
ist. Abgesehen von gewissen Schlupfwespen, läßt sich dieser sogenannte Petiolus
besonders gut noch bei den Ameisen beobachten. Bei ihnen gilt das Stielchen
überdies als ein wichtiges Merkmal für die Abgrenzung von Familien, da es hier
jeweils eine andere Gestalt aufweist.
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Die Unterordnung der Apocriten, für die bisher ein deutscher Name nicht
geprägt worden ist, umfaßt die überwiegende Mehrzahl aller Hautflügler. Im
allgemeinen unterteilt man diese Gruppe nochmals in die parasitischen
Hautflügler (Terebrantes) und in die Stechimmen (Aculeata). Die
letzteren, zu denen auch die oben bereits erwähnten Ameisenwespen gehören,
tragen im weiblichen Geschlecht einen Wehrstachel. Bei den Terebrantes
hingegen ist der Legebohrer nicht zu einer Waffe umgebildet. Mit ihm sticht die
Wespe das Wirtstier an (oder bei den Gallwespen die Wirtspflanze), um die Eier
einzubringen. Mitunter erreicht der Legebohrer ein Vielfaches der eigenen
Körperlänge, so etwa bei der abgebildeten Schlupfwespe Megarhyssa. In
solchen Fällen dient er zum Durchdringen einer dicken Holzschicht, um
irgendwelche Insektenlarven anzustechen, die in abgestorbenen Bäumen ihre
Fraßgänge anlegen. Bewundernswert ist hierbei die Sicherheit, mit der das für
die Wespe unsichtbare Opfer gefunden und schließlich von dem Legebohrer auch
getroffen wird.
Während die meisten der apocriten Hautflügler nach Körperbau und Lebensweise
hoch entwickelte Insekten sind, weisen die Pflanzenwespen eine Reihe
altertümlicher Merkmale auf. Mit Sicherheit ist anzunehmen, daß wir es hier mit
den ursprünglichsten Hautflüglern zu tun haben. Die ersten versteinerten
Überlieferungen, die wir als Angehörige dieser Insektenordnung ansprechen
können, sind den heutigen Holzwespen außerordentlich ähnlich. Sie stammen aus
dem oberen Jura, aus einer Zeit also vor etwa 150 Millionen Jahren. Allerdings
ist zu vermuten, daß die Pflanzenwespen, und damit auch die Hautflügler, noch
wesentlich älter sind. Die Pflanzenwespen, zu deren bekanntesten Familien die
Blattwespen (Tenthredinidae) und die Holzwespen (Siricidae)
gehören, ernähren sich ausschließlich von pflanzlichen Stoffen. Besonders die
Larven der Blattwespe, die gewöhnlich in großer Zahl auftreten, können zu
gefährlichen Schädlingen in der Land- und Forstwirtschaft werden. Die Larven der
Holzwespen mindern dagegen den wirtschaftlichen Wert der befallenen Hölzer
mitunter ganz erheblich. Dem Laien fällt es zumeist sehr schwer, die Larven der
Blattwespen von Schmetterlingsraupen zu unterscheiden. Und in der Tat ist die
Ähnlichkeit zwischen beiden, zumindest bei oberflächlicher Betrachtung, sehr
groß. So lassen sich wenig erfahrene Schmetterlingssammler oftmals täuschen und
tragen die falsche Beute ein. Da die meisten Blattwespenlarven, ähnlich wie
viele Schmetterlingsraupen, zur Verpuppung einen Kokon spinnen, stellt sich der
Irrtum meist erst beim Schlüpfen des fertigen Insekts heraus. Ihre große
Ähnlichkeit mit Raupen hat den Blattwespenlarven auch den Namen „Afterraupen"
oder „falsche Raupen" eingebracht. Unterschiede zeigen sich recht deutlich in
der Zahl der Punktaugen, in der Anzahl der Bauchfußpaare sowie in der
Vorrichtung, mit deren Hilfe die Larve sich an ihrer Unterlage festhält. Eine
kurze Diagnose der Blattwespenlarve würde folgendermaßen lauten: Kopfkapsel
rechts und links mit je einem kleinen Punktauge, Hinterleibssegmente durch
Querfalten unterteilt und mit sechs bis acht Bauchfußpaaren (Afterfüße),
Afterfüße ohne zusätzliche Klammerorgane, Anheften durch Saugwirkung. Der entsprechende Steckbrief für die
Schmetterlingsraupen hätte dagegen folgendes Aussehen: Kopfkapsel jederseits
mit mehreren dicht zusammenstehenden Punktaugen (Stemmata), Hinterleibssegmente
glatt oder behaart und mit höchstens fünf Bauchfußpaaren, Füße mit
Klammerorganen in Form von Haken- oder Borstenkränzen.
Ein bemerkenswertes Verhalten zeigen die Blattwespenlarven auf ihren
Nahrungspflanzen. Auf einem Blatt sitzen nämlich stets mehrere Larven dicht
gedrängt nebeneinander. Auch bei den Gespinstblattwespen lebt eine große Zahl
von Larven in einem gemeinschaftlichen Gespinst zusammen. Hält man ein Tier
abgesondert von seinen Artgenossen, so zeigt es eine auffallende Verzögerung in
seiner Entwicklung, auch wenn es ausreichend mit Nahrung versorgt wird.
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Der Legeapparat der Pflanzenwespen ist von allen Hautflüglern am
ursprünglichsten gebaut, was bei der primitiven Organisation der
Pflanzenwespen durchaus auch zu erwarten war. Die kurze Legeröhre ist in
der Regel mit Reihen kleiner Zähnchen besetzt. Dieses sägeartige
Instrument ist daher vorzüglich geeignet, zur Ablage der Eier in das
Pflanzengewebe einzudringen. Etwas anders ist der Legeapparat der
Holzwespe gebaut. Er gleicht mehr einem kräftigen Sägebohrer, den das
Weibchen tief in das widerstandsfähige Holz treiben muß.
Auch die Larven der Holzwespen weichen erheblich von den oben beschriebenen
Afterraupen ab. Sie besitzen keine Bauchfüße, und nur ein kräftiger Dorn an der
Spitze des Hinterleibes dient der Fortbewegung in den Fraßgängen. Außerdem sind
sie blind. Unter den apocriten Hautflüglern nehmen die Ameisen (Formicidae) eine
besondere Stellung ein. Sie sind außerordentlich häufig und fast überall
anzutreffen, selbst dort noch, wo die Lebensbedingungen auf ein Minimum
beschränkt sind. Hinzu kommt eine wahrhaft unermeßliche Zahl von
Einzelindividuen, die jede andere landbewohnende Tier-Art bei weitem übertrifft.
Sicher geht man nicht fehl mit der Vermutung, daß die Ameisen die erfolgreichste
aller Insektengruppen darstellen. Wir kennen bis heute nahezu 6000 verschiedene
Ameisen-Arten, die alle in ihrem Körperbau recht einheitlich und typisch sind.
Es dürfte deshalb wohl auch niemandem besonders schwerfallen, eine Ameise als solche zu erkennen, wenngleich es einige andere Insekten gibt, die
ihnen außerordentlich ähnlich sehen. Die Weibchen der Ameisenwespen, manche
flügellosen Schlupfwespen und — außerhalb der Hautflügler — sogar einige
Wanzen-Arten sind dermaßen ameisenähnlich, daß sie nur bei genauem Hinsehen, und
oft allein vom Fachmann, der richtigen Gruppe zugeordnet werden können. Die
sichersten Merkmale zu ihrer Erkennung liegen in dem weiter oben schon erwähnten
Hinterleibsstiel der Ameisen, sowie in der Form ihrer Fühler. Während der
Petiolus entweder zwei Knoten bildet (Familie Myrmicidae) oder in eine
flache, aufrechtstehende Schuppe verlängert ist (Familie Formicidae),
sind die Antennen in einer typischen Weise abgewinkelt oder gekniet, wobei das
erste Fühlerglied fast die Hälfte der gesamten Fühlerlänge einnimmt.
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Es ist kaum anders zu erwarten, daß auch der Mensch sich mit einer so
allgegenwärtigen Insektengruppe auseinandersetzen muß. Viel bemerkenswerter ist
dabei die Tatsache, daß die Ameisen einerseits zu den gefährlichsten Insekten
tropischer Gebiete gehören, andererseits aber gehegt und durch das Gesetz
geschützt werden, wie unsere Roten Waldameisen. Zu den am meisten gefürchteten
Arten gehören die Treiber- oder Wanderameisen (Dorylidae), die in den
Tropen der Alten und Neuen Welt verbreitet sind. Diese Räuber, die keine festen Nester anlegen, wandern von Zeit zu Zeit in riesigen Zügen mit nach
Hunderttausenden zählenden Tieren über weite Strecken. Unterwegs überfallen die
bis zu 1,5 Zentimeter großen Ameisen jedes andere Lebewesen, das sich nicht
rechtzeitig in Sicherheit bringen kann. Tiere bis zur Größe einer Hirschkuh
werden mit den scharfen Oberkiefern soweit zerschnitten, daß nicht mehr als ein
Haufen Knochen und Haare übrig bleibt. So ist es verständlich, daß die Farmer
vor dem anrückenden Heer ihre Haustiere und sich selber in Sicherheit bringen.
Nicht minder gefürchtet sind die in den neuweltlichen Tropen lebenden
Blattschneiderameisen (Atta), obgleich sie nur Pflanzennahrung zu sich
nehmen. Die Tiere ersteigen die Bäume, zerschneiden die Blätter und schleppen
sie Stückchen für Stückchen in langen Prozessionen in ihr Nest. Die
eingetragenen Blätter werden hier zu einem Nährboden für ihre Pilzzucht
verarbeitet. Kleine eiweißreiche Auswüchse der Pilze stellen die eigentliche
Nahrung der Ameisen dar. Innerhalb kürzester Zeit sind die Tiere in der Lage,
Bäume und Sträucher völlig zu entlauben und somit auch Plantagen auf das
schwerste zu gefährden.
Als soziale Insekten bilden die Ameisen hoch entwickelte Staaten, deren
Mitglieder sich auf drei Kasten verteilen. In den teils unter der Erde, teils
oberirdisch angelegten Nestern, den typischen Ameisenhaufen, leben eine oder
auch viele Königinnen, die Männchen und die Arbeiterinnen. Die letzteren sind,
im Gegensatz zu den Termiten, stets unfruchtbare Weibchen, die auch die
Hauptmasse des Staates ausmachen. Bis zu zwei Millionen Tiere kann ein Volk der
Roten Waldameise umfassen, und diese Zahl wird von manchen tropischen Arten noch
um ein Vielfaches übertreffen. Bei einem solchen Individuenreichtum liegt es auf
der Hand, daß die Roten Waldameisen eine Unmenge von anderen Insekten, zumeist
Forstschädlinge, als Nahrung eintragen. Deshalb sind sie für den Menschen sehr
nützlich und werden durch die Naturschutzbestimmungen ausdrücklich geschützt.
Nach dem Hochzeitsflug gründen die Weibchen (Königinnen) eine neue Kolonie.
Vorher werfen sie ihre Flügel ab und suchen einen geeigneten Platz. Während die
Männchen bald nach der Begattung sterben, erreichen die Königinnen ein Alter bis
zu 20 Jahren. Die Arbeiterinnen werden etwa drei Jahre alt.
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Im Gegensatz zu den ausdauernden Ameisenstaaten bestehen die Staaten der
einheimischen sozialen Faltenwespen (Vespidae) nur ein Jahr.
Einzelne befruchtete Weibchen dieser gefährlichen Stachelträger
überwintern und gründen im Frühjahr eine neue Kolonie. Zum Bau ihrer
kunstvollen, oft mehr als kopfgroßen Nester schaben die Wespen mit ihren
kräftigen Kiefern Holzfasern ab, die sie zu Papiermache verarbeiten. Die
Waben im Innern des Nestes werden in mehreren Stockwerken übereinander
gebaut und sind von einer Hülle aus Papiermache umgeben. Die Nahrung der
Faltenwespen bilden vorzugsweise andere Insekten, die mit großem
Geschick gefangen werden. Besonders die größte unserer heimischen
Faltenwespen, die eine Länge bis zu 3,5 Zentimetern erreichende
Hornisse, ergreift mit erstaunlicher Wendigkeit selbst recht massive
Beutetiere. Diesen zerbeißt die Hornisse gewöhnlich sofort den Kopf und
trägt sie unter Zuhilfenahme ihrer Beine, mit denen die Beute während
des Fluges festgehalten wird, in ihr Nest. Die älteren Larven werden
vorzugsweise mit tierischer Kost ernährt. Wenn auch die Wespen große
Räuber sind, verachten sie doch keineswegs auch pflanzliche Produkte.
Vor allem die Hausfrau weiß zur Einkochzeit ein Lied davon zu singen,
wenn ganze Scharen dieser stechlustigen Gesellen, vom Duft
herbeigelockt, sich an der frischen Marmelade gütlich tun. Auch
überreifes Obst, ob nun im Garten oder auf der Torte, ist sehr begehrt.
Hier muß man beim Verzehren, sofern sich Wespen eingefunden haben,
außerordentlich vorsichtig sein. Bei einem Stich in die Zunge oder in
den Gaumen kann ein Mensch an der auftretenden Schwellung ersticken.
Abgesehen von dem heftigen Schmerz, ist sonst bei Wespenstichen nichts
Ernstliches zu befürchten. Auch Hornissen sind schädlich, wenn sie an
jungen Trieben häufig die Rinde abschälen, um an den süßen Pflanzensaft
zu gelangen. Nicht weniger unbeliebt sind solche Exemplare, die sich
darauf spezialisiert haben, die Honigbienen von den Blüten wegzufangen. |
Zuweilen findet man, geschützt an Steine oder Bretter angeheftet, eine kleine,
mehr oder weniger runde Wabe. Das Ganze sitzt auf einem Stielchen und umfaßt nur
wenige Zellen. Ihr Erbauer ist die wenig scheue Feldwespe (Polistes). Im
Gegensatz zu den eben erwähnten Arten sind die Feldwespen kaum angriffslustig
und in ihrem Körperbau auch schlanker als jene. |
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Zierlich und kunstvoll wirken
die aus Lehmklümpchen gefertigten Brutkugeln der Pillenwespen (Eumenes).
In ihrer Form erinnern sie an einen winzigen Krug, zumal die dünnwandige Kugel
oben mit einem Kragen abschließt. Die Pillenwespen, die stets einzeln (solitär)
leben, sind räuberisch. Sie erbeuten Schmetterlingsraupen, Larven von
Blattwespen und anderen Insekten, die durch einen Stich gelähmt werden. Mit dem
bewegungslosen Opfer fliegen sie zu ihrer Brutkugel, in die sie vorher noch ein
Ei abgelegt haben. Wenn die Beute — zumeist sind es mehrere kleine Räupchen —
eingebracht ist, verschließt die Wespe den Eingang mit einem Lehmklümpchen. Die
ausgeschlüpfte Wespenlarve frißt die gelähmten Raupen auf, und zumeist reicht
der Vorrat, bis die Larve sich verpuppt. Ähnlich wie die Pillenwespen, betreiben
auch die zahlreichen Arten der Grabwespen (Spheädae) eine intensive
Brutfürsorge.
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Und mehr noch als jene, sind die Grabwespen hervorragende Jäger,
die den verschiedensten Insekten nachstellen und sehr oft auch Spinnen erbeuten.
So haben sich beispielsweise die Weibchen der vorwiegend in den Tropen
verbreiteten Gattung Sceliphron ausschließlich auf Spinnen
spezialisiert. Diese ungewöhnlich langbeinigen Tiere, deren Hinterleib vorn in
ein langes Stielchen ausgezogen ist, lähmen die aufgespürte Beute durch Stiche
in das Nervensystem. Anschließend transportieren sie die Spinnen in ihre aus
Lehm gemauerten, mehrzelligen Nester, die vorzugsweise an Wände und Decken alter
Gebäude angeklebt werden.
Eine andere Grabwespe, der in Nordamerika vorkommende Zikaden Jäger (Sphecius
speciosus), trägt ebenfalls durch Stiche gelähmte Singzikaden als lebende
Konserven für ihre Nachkommen ein. Dem Umfang ihrer Beutetiere entsprechend,
sind die Zikadenjäger selber recht große und kräftige Insekten. Außerdem tragen
sie eine lebhaft schwarze und gelbe Zeichnung. Ihr Nest legt diese Grabwespe in
Erdhöhlen an. |
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Im tropischen Amerika leben die als Spinnentöter bekannten Wegwespen (Pompilidae)
der Gattung Pepsis. Diese imposanten, prachtvoll blauschwarzen
Insekten sind mit sechs Zentimeter Körperlänge und elf Zentimeter Flügelspanne
die größten Haut-flügler überhaupt. Nicht weniger mächtig ist auch der Gegner
der Pepsis, denn sie hat sich auf die riesigen Vogelspinnen
spezialisiert. Hat die Wespe eine solche Spinne aufgespürt, so kommt es in der
Regel zu einem erbitterten Kampf. Am Ende behält die wendige Pepsis,
trotz wütender Abwehr der Vogelspinne, in den meisten Fällen doch die Oberhand.
In einem günstigen Augenblick bringt sie einen lähmenden Stich in das Nervensystem der Spinne an. Sobald diese
bewegungslos geworden ist, wird sie von der Wespe in ein vorher gegrabenes Loch
gezogen und mit einem Ei belegt. Danach verschließt die
Wespe den Eingang zu der
Höhle wieder sorgfältig mit Erde. Auch in Mitteleuropa gibt es spinnenjagende
Wegwespen, die sich mit einer Größe von nur 10 bis 15 Millimetern ihren
tropischen Verwandten gegenüber jedoch recht bescheiden ausnehmen. Im Frühjahr
hat man häufig Gelegenheit, die überwiegend dunkel gefärbte, am Hinterleib rot
gebänderte Bürstenwegwespe (Anoplius fuscus) auf sonnenbeschienenen,
sandigen Waldwegen zu beobachten. Die Wespe stellt hier den dickleibigen
Wolfsspinnen nach, die sie, mit einem Ei beschickt, als Nahrung für ihre Brut
vergräbt. |
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Wenn im Sommer die Bäume voll belaubt sind, fallen dem aufmerksamen
Beobachter zahlreiche Blätter auf, die spitzkonische oder kugelige Gebilde, oft
von beträchtlicher Dicke, tragen. Es handelt sich
hierbei um Wucherungen des
Pflanzengewebes, die allgemein als Gallen bezeichnet werden. Außer winzigen
Wespchen, die in die Familie der Gallwespen (Cynipidae) gehören, kennen
wir noch eine Reihe anderer Gallenerzeuger. Blattläuse, Gallmücken und
Gallmilben sind neben den Gallwespen die häufigsten Erreger aus dem Tierreich,
während Pilze ebenfalls Gallbildungen hervorrufen können. Die weitaus meisten
Gallen finden sich auf den verschiedenen Eichen-Arten. Am bekanntesten sind die
bis zu drei Zentimeter Durchmesser erreichenden Eichen-Galläpfel, die in der
Regel zu mehreren auf der Unterseite der Blätter sitzen. Urheberin ist die
Gemeine Eichengallwespe (Cynips quercusfolii), die neben einer reinen
Weibchengeneration, die sich ohne Befruchtung fortpflanzt, auch eine
zweigeschlechtliche Generation mit Männchen und Weibchen ausbildet. Die Weibchen
stechen das Pflanzengewebe an und legen ihre Eier darin ab. Die Gallbildung
setzt jedoch erst ein, wenn die Larve geschlüpft ist; vermutlich unter der
Einwirkung von Stoffen, die von der Larve ausgeschieden werden. Die Galle selber
bietet der Gallwespenlarve ausreichend Nahrung und, zumindest vor der Witterung,
auch Schutz. |

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