Mimikry -
oder die Kunst, durch Nachahmung zu täuschen ...
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Wortherkunft - abgeleitet aus ...
... dem Englischen mimicry, was abgeleitet ist von
to
mimic = nachahmen, mimen
... aus dem Griechischen
μίμος
mímos = Nachahmer, Imitator
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Der deutsche Biologe
Johann Friedrich Theodor Müller (1821–1897) entdeckte an Schmetterlingen,
dass gleich aussehende Tiere nicht immer derselben Gattung angehören
müssen.
Im Laufe ihrer
Stammesgeschichte hatten sich ungenießbare und genießbare
Tiere eine
gemeinsame Warntracht zugelegt, so dass die Fressfeinde sie nicht
mehr auseinanderhalten konnten. Daher musste der Fressfeind nur bei
einem Tier die schlechte Erfahrung machen und mied in Zukunft alle
gleich aussehenden Tiere. Hiervon profitieren beide Arten mit den
biologischen Zweck, die Überlebenschancen der
Individuen einer nachahmenden Art zu erhöhen. |
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In Europa sind
Wespen,
Bienen und
Hummeln weit verbreitet.
Sie alle, jedenfalls die
stachelbewehrten Weibchen, werden von einigen anderen, völlig
harmlosen
Insekten „nachgeahmt“.
Giftige und ungenießbare Arten haben oft
eine auffallende Färbung, eine so genannte
Warntracht (
gelb /
Schwarz oder rot /
Schwarz oder rot /
weiß
)
Wird diese
von harmlosen Tierarten nachgeahmt, spricht man auch von Scheinwarntracht.
gelb /
Schwarz = Warnung vor ...
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Beispiele aus dem
menschlichen Lebensbereich
Auch wir haben es uns aus der Natur abgeschaut
und wissen damit vorsichtig umzugehen ...
Täglich begegnen uns
Warnfarben im eigenen Umfeld, die auf besondere Gefahren,
Gefahrenstellen und Verbote hinweisen. |
rot /
weiß
= Verbot von ...
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Die Kunst, durch Nachahmung zu
täuschen
"Mimikry"-Beispiele aus dem Bereich
Hummeln,
Bienen, Wespen und Hornissen ...
Meist verrät
der Name eines Nachahmers, welche wehrhafte Art er imitiert:
Hummel-Keilfleckschwebfliege
(Eristalis intricarius) |
Bienen-
und
Hummelmimikry
Unter den
Fliegen kennen wir die Familie der
Schwebfliegen, bei der viele Arten anscheinend auf
„Signalfälschung“ spezialisiert sind.
Hier findet man zahlreiche
Arten, die im Aussehen den wehrhaften Wespen,
Hornissen, Hummeln und Honigbienen stark
ähneln.
Die Schwebfliegen der Gattung
Eristalis ahmen mehr oder weniger gut, die
Europäische Honigbiene (Bild rechts) oder eine Hummel
(Bild links) nach.
Ihre „Rattenschwanzlarven“ entwickeln sich meist in der
Gülle von Misthaufen. Deshalb wird Eristalis sp. auch als „Mistbiene“
bezeichnet; |
Mistbiene oder
Kleine Keilfleckschwebfliege
(Eristalis arbustorum)
Aufnahme:
Beat Weisskopf (c) 2004 |
Hummelschwärmer (Hemaris fuciformis)
Aufnahme:
(c) Bernhard Schmalisch |
Die Hummel wird auch von einem harmlosen Schmetterling
nachgeahmt - dem
Hummelschwärmer
Der Hummelschwärmer steht auf der roten Liste.
Die tagaktiven "Nachtschwärmer" besitzen einen Pelz. Dadurch
wird der Ultraschall-Ping einer Fledermaus gestört, oder
abgeschwächt. Eine weitere Strategie, nicht gefressen zu werden ist
das Saugen von Nektar währende des Fluges. Das verhindert z.B. auch,
von einer lauernden Krabbenspinne erwischt zu werden ...
Also ist nicht nur das hummelähnliche Aussehen eine Strategie gegen
Fressfeinde. |
Hummelschwärmer (Hemaris fuciformis)
Aufnahme:
(c) Bernhard Schmalisch |
Wespenschwebfliege
(Chrysotoxum cautum)
Aufnahme: Joaquim Alves Gaspar (c) 2007 |
Wespenmimikry
Noch auffälliger ist die Ähnlichkeit zahlreicher Schwebfliegen
mit Wespen.
Sie besitzen das leuchtend gelb-schwarze „Warnsignal“
auf den Hinterleibern ihrer wehrhaften Vorbilder und verunsichern so
häufig Menschen, die Schwebfliegen und Wespen nicht unterscheiden
können.
Wenn man jedoch Schwebfliegen genauer betrachtet, sind sie
relativ leicht als ganz normale, harmlose Fliegen zu identifizieren,
denn ihnen fehlen einige charakteristische Merkmale der Wespen, die
in die
Ordnung der
Hautflügler gehören, während Schwebfliegen in die Ordnung der
Zweiflügler gehören.
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Aufnahme:
Beat Weisskopf (c) 2004 |
Wespen haben immer vier Flügel und längere,
gekniete Fühler, während Fliegen nur zwei Hauptflügel und
stummelförmige Fühler haben.
Wespenschwebfliege
(Chrysotoxum cautum)
Aufnahme: Ralf Schreck © 2012
Zudem können Schwebfliegen „schweben“,
das heißt, ähnlich einem Hubschrauber in der Luft, am selben Ort
verharren.
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Wespen-Moderholzschwebfliege
(Temnostoma
vespiforme) bei der Eiablage im
feuchten, modrigen Waldboden
Aufnahmen: Valentin
Gutekunst (c)
2013 (www.makro-treff.de)
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Hornissenschwebfliege
(Volucella zonaria) |
Hornissenmimikry
Die
harmlose
Hornissen-Schwebfliege hat sich der Hornisse nicht nur in
der Färbung angepasst.
Ihre
Larven selbst leben von den Abfällen unter Wespen-, Hummel-, und
Hornissennestern.
Weitere Bilder und
Steckbrief |
Hornissenschwebfliege
(Volucella zonaria)
Aufnahme: Ralf Schreck © 2012 |
Hornissen-Glasflügler (Sesia apiformis)
Aufnahme: (c)
Herwig Winter |
Die Nachahmung einer Hornisse, durch den
Hornissen-Glasflügler, einem harmlosen Schmetterling, ist so
perfekt, dass er in der Größe, Färbung und Flügelhaltung
einer
gefürchteten Hornisse gleicht. Selbst der Ton beim Fliegen hört sich
wie das tiefe Brummen einer Hornisse an.
Für jeden Vogel, ab Starengröße, wäre der
Hornissenschwärmer (Sesia apiformis) sicher ein
echter Leckerbissen. Wäre da nicht seine schwarz/gelbe Warntracht.
Da der harmlose Schmetterling weitaus seltener anzutreffen ist als
Hornissen, haben die meisten Insektenfresser bereits ihre Erfahrung
mit einer stachelbewehrten, gelb/schwarz gestreiftem Hornisse
gemacht, bevor sie das erste Mal auf einen Hornissenschwärmer
treffen.
So wird dieser "Trittbrettfahrer" gemieden
und seine Fressfeinde fallen auf die Täuschung rein.
Die Raupen des Hornissenschwärmers haben
einen zweijährigen Entwicklungszyklus.
Sie leben unter der Rinde, vornehmlich
von Pappeln in Wurzelnähe, wo sie sich
auch verpuppen.
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Hornissen-Glasflügler -
Kopulation
Aufnahme: (c) Axel Kießig |
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Hornissen-Glasflügler (Sesia apiformis)
Bevor
er wegfliegt schlägt er mit den Flügeln und flattert ...
Aufnahmen: Ralf Schreck (c)
2013 |
Wespenbockkäfer (Plagionotus arcuatus)
Aufnahme: Monja Steimels (c) 2012
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Das
gelb/schwarze
Warnsignal von Wespen nutzen auch andere Insektenarten.
Unter
den
Käfern kann man etwa den
Wespenbock oder Eichenwidderbock und einige andere
Bockkäfer auf den ersten Blick für Wespen halten.
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Wespenbockkäfer (Plagionotus arcuatus)
Aufnahme: Monja Steimels (c) 2012
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Wespenbockkäfer (Plagionotus arcuatus)
Aufnahmen: Valentin
Gutekunst (c)
2013 (www.makro-treff.de)
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Geschmückte
Kammschnake
(Weibchen)
(Ctenophora ornata)
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Unter den
Schnaken trägt die harmlose, Geschmückte
Kammschnake eine gelb/schwarze
Warntracht.
Wenn
man einmal die Gelegenheit hat, das Insekt live zu entdecken,
schreckt es mit seiner Warnfarbe und dem drohend
aufgerichteten Hinterleib ab ...
Die Larven entwickeln sich im Mulm alter Laubbäume, vor allem von Buchen.
Weitere Bilder und
Steckbrief |
Geschmückte Kammschnake
(Weibchen)
(Ctenophora ornata)
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Wespenspinne
(Argiope bruennichi)
Aufnahme: Ralf Schreck © 2012
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Auch eine
Spinne macht sich die gelb/schwarze Zeichnung zu
Nutze:
Die
Wespenspinne.
Aufnahme: Ingo Jung © 2013
Die Wespenspinne lauert mit ihren Radnetzen
an Wegrändern, auf ihre Hauptbeute - Heupferdchen.
Wenn jemand den Weg entlang läuft,
springen die Grashüpfer, auf der
Flucht, unachtsam ins Netz der wartenden Wespenspinne. Eine
ausgeklügelte Jagdstrategie ...
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Wespenspinne
(Argiope bruennichi)
Aufnahme: Ralf Schreck © 2012
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Ein
Wespenspinnenweibchen mit 3 Männchen im Netz
Die
Männchen haben keine gelb/schwarze Zeichnung
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Wespenspinne (Argiope bruennichi)
- Aufnahmen: Ralf Schreck (c)
2013
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Die Nachahmung wehrhafter Vorbilder sollte sich nicht nur auf
Körpermerkmale beschränken. Weitere Übereinstimmungen im Verhalten,
im Lebensraum und im Lebensrhythmus tragen dazu bei, dass das
Vorbild und der Nachahmer miteinander verwechselt werden.
Unerfahrene Räuber fressen die wehrlosen Nachahmer, z. B.
wespenähnliche Schwebfliegen, sogar sehr gerne.
Erjagten aber
Kröten und
Vögel zuerst einige der wehrhaften Wespen, lehnen sie
anschließend auch ähnlich aussehende Schwebfliegen für lange Zeit ab.
Allerdings können viele Vögel und andere Räuber Farben und Muster
sehr gut erkennen und genau unterscheiden. Nachahmer stehen somit
vor dem Problem, dass sie ihren Vorbildern so weitgehend wie möglich
gleichen müssen.
Da die Existenz ungiftiger Nachahmer den Lernerfolg bzw. das
Vermeidungsverhalten der Fressfeinde verringert, ist es wichtig,
dass das zahlenmäßige Verhältnis unausgewogen ist, also nicht zu
viele harmlose Nachahmer entstehen.
Quellennachweis:
Einige Textauszüge und Bilder aus
www.wikipedia.de